aktion leben tirol im Wandel der Zeit - "Leben leben lassen"
40 Jahre Einsatz für schwangere Frauen, ungeborene Kinder und Familien in Not
Gedanken unseres Obmanns Dr. Johann Hager
Gründungszeit
Die weitgehende Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs als Ausdruck der Selbstbestimmung der Frau führte in Tirol im Jahr 1975 zur Gründung des Vereines aktion leben tirol unter Führung von Dr. Heinrich Juen. Mit einem Volksbegehren sollte der Beschluss des Nationalrats zur Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs rückgängig gemacht werden. Schlagworte wie „mein Bauch gehört mir“ waren Ausdruck der feministischen Bewegung der 70er Jahre. Auf einem von Emotionen geprägten Parteitag im Jahr 1973 beschloss die damals allein regierende SPÖ überraschend die sogenannte „Fristenlösung“. Gemeint ist eine Fristenregelung, wonach innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate die Abtreibung straflos bleibt. In der allgemeinen Erregung über diese radikale Kehrtwendung gingen die noch viel weitreichenderen Indikationen im neuen Strafrecht, wie die embryopathische Indikation, weitgehend unter. Trotz des zahlenmäßig großen Erfolgs verfehlte das Volksbegehren von aktion leben das Ziel einer Revision der neuen Abtreibungsbestimmungen. Die letzte große Aktion der Gründerzeit war ein Demonstrationszug vom Stift Wilten zum Dom St. Jakob im Jahr 1982 mit mehr als 2.000 Teilnehmern. Unversöhnlich und unvereinbar standen einander die Positionen der schrankenlosen „Selbstbestimmung der Frau“ und des absoluten „Lebensschutzes (auch) durch Strafandrohung“ gegenüber. Ohne eine starke innere Einstellung zum Schutz des menschlichen Lebens hätten die Verantwortlichen damals wohl aufgegeben, sie haben es aber nicht getan!

Die neue Linie: Aufklärung, Hilfe und Stärkung
aktion leben rang sich nach diesen entmutigenden Jahren dazu durch, eine Änderung der Fristenregelung nicht weiter zu fordern, sondern verstärkt auf andere Maßnahmen zu setzen. Eine Verschärfung des Strafrechts hätte nach wie vor keine Aussicht auf Erfolg. Die neue Linie lautete, den Mut zum ungeplanten / ungewollten Kind in den Vordergrund zu stellen, Zuversicht und Verständnis zu wecken, Hilfe und Begleitung in der schwierigen Zeit anzubieten und das Ja zum Leben zu fördern. Nicht Zwang und Gewalt sondern Ermunterung und Hilfe wurden die Antwort auf die vermeintliche Lösung Schwangerschaftsabbruch. Die Würde und Rechte des Ungeborenen und der Frau, seiner Mutter, sind gleichermaßen zu achten. Die dogmatische Verhärtung konnte auf Seiten der Befürworter der „Freiheit des Schwangerschaftsabbruchs“ aber leider bis heute nicht aufgeweicht, geschweige denn einem sachlichen Diskurs zugeführt werden. Abtreibung bleibt ein Übel und ist keine wertfreie Lösung eines Problems.

Vom gemeinnützigen zum mildtätigen Verein
Der unabhängige und überkonfessionelle Verein aktion leben tirol hat daraufhin eine Aufklärungs- und Bildungsarbeit in Schulen entwickelt und forciert, dann kamen vermehrt Hilfen in Not dazu und schließlich die Beratung auch im Schwangerschaftskonflikt. Dies war der logische Schritt einer Entwicklung, die Anfang der 90er Jahre mit der Standortbestimmung einsetzte. In einer Welt zunehmender Beliebigkeit kommt klaren und glaubwürdigen Positionen immer mehr Bedeutung zu. Reden, Denken und Handeln müssen zusammenpassen.

Ethische Stimme in einer säkularen technikgläubigen Welt
aktion leben sieht die Bedrohung des Menschen umfangreicher, nicht eingeschränkt auf die Bereiche Schwangerschaft und Geburt. Daher stellt die moderne biomedizinische Entwicklung für uns eine besondere Herausforderung dar. Die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) im heurigen Jänner hat die Zusammenhänge zwischen künstlicher Fortpflanzung, Untersuchung von Embryonen (Präimplantationsdiagnostik = PID) und dem Schwangerschaftsabbruch bewiesen. Die Erlaubnis zur PID wurde unter Hinweis auf ein Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs zu einem Fall in Italien damit gerechtfertigt, dass ein Verbot der PID zur (vorbeugenden) Feststellung von Erbkrankheiten im Wertungswiderspruch zur nachher erlaubten straflosen Abtreibung eines behinderten Kindes stünde. In Österreich ist in der Tat die embryopathische Indikation extrem liberal. Bis zur Geburt darf abgetrieben werden, auf die Befindlichkeit der Frau kommt es nicht einmal an. Dies wird von den Behindertenverbänden zu Recht als Werturteil über Behinderte begriffen und abgelehnt.
Nach 40 Jahren werden wir dringender denn je als ethische Stimme in einer säkularen, technikgläubigen Welt gebraucht. Die Bedrohungen des menschlichen Lebens bei seiner Entstehung, in der Schwangerschaft und an seinem Ende wachsen. „Leben leben lassen“ ist mehr als ein Aufruf, es ist Programm, Aufgabe und Auftrag.
An dieser Stelle sei allen gedankt, die im Verein leitend tätig waren oder sind, den Angestellten, den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sowie den zahlreichen Spenderinnen und Spendern. Ich kann ihnen allen nur von Herzen ein „Vergelt’s Gott“ sagen.